Einleitung
Die geopolitischen Dynamiken der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Großmächte zunehmend über die Köpfe kleinerer Staaten hinweg verhandeln. Es lassen sich gewisse Parallelen zwischen dem Krieg in der Ukraine und den Auseinandersetzungen über das iranische Atomprogramm feststellen, zumindest in der Art und Weise, wie Donald Trump dessen Lösung vorher angekündigt hat und in der Tat zu lösen bereit ist.
In diesem Zusammenhang sind bei den Verhandlungen über den Krieg in der Ukraine die USA und Russland als Hauptakteure zu identifizieren, während die Ukraine selbst als Betroffene und die Europäer auf ihrem eigenen Kontinent als Zaungäste behandelt werden. Im Falle der möglichen Verhandlungen mit dem Iran sind die USA und Israel als Hauptakteure zu identifizieren, während die iranische Bevölkerung, die unter der Diktatur leidet, als Zaungast positioniert wird.
Der vorliegende Artikel fokussiert sich auf zwei Anliegen. Einerseits wird der ukrainischen Bevölkerung, die seit nahezu drei Jahren unter einem sinnlosen und brutalen Krieg leidet, gedacht, andererseits der iranischen Bevölkerung, die seit fast einem halben Jahrhundert unter der religiösen Gewaltherrschaft leidet, die sich als göttliche Stellvertreter darstellt.
Der Artikel ist als Solidaritätsbekundung und Ausdruck des Mitgefühls zu verstehen und soll einen Beitrag zur Steigerung der Empathie zwischen den beiden Nationen leisten. Diese Beispiele veranschaulichen, wie die Interessen schwächerer Länder – und insbesondere ihrer Bevölkerung – im Rahmen geopolitischer Machtspiele von Großmächten instrumentalisiert werden. Diese Beispiele sollten als eindringlicher Appell an jene verstanden werden, die Krieg und militärische Interventionen als Lösung politischer Probleme propagieren, anstatt der Diplomatie und fairen Verhandlungen eine Chance einzuräumen. Es ist zu hoffen, dass das Leiden in diesen Ländern zeitnah ein Ende findet.
1. Die Ukraine und der Iran: Spielball geopolitischer Interessen
Die Tatsache, dass sich am Dienstag, dem 18. Februar, Delegationen aus den USA und Russland in der saudischen Hauptstadt Riad trafen, um über einen Konflikt auf europäischem Boden zu diskutieren, ohne die Beteiligung von Europäern oder betroffenen Ländern wie der Ukraine selbst, verdeutlicht die signifikant gesunkene Handlungsfähigkeit der Europäer.
Ein weiteres Beispiel für diese Bedeutungslosigkeit war im Jahr 2018 zu beobachten, als die USA trotz der Proteste der europäischen Verhandler aus dem Atomabkommen mit dem Iran „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA) ausschieden und die Europäer, obwohl sie am Abkommen festhalten wollten, dem Iran nichts anbieten konnten, um die Attraktivität der JCPOA-Abkommen zumindest teilweise aufrechtzuerhalten.
In beiden Fällen handelt es sich um Länder, die durch ihre strategische Bedeutung in den Fokus geopolitischer Rivalitäten geraten sind. Die Ukraine wurde zur Frontlinie im Machtkampf zwischen Russland und dem Westen, während der Iran im Zentrum der geopolitischen Machtsphäre von Israel und den USA steht. Beide Nationen haben ihre Souveränität teilweise verloren – entweder durch direkte militärische Auseinandersetzungen oder durch wirtschaftliche und diplomatische Isolation.
2. Europas Vasallenrolle im Ukraine-Krieg
Die Analyse der europäischen Vasallenrolle im Ukraine-Krieg zeigt, dass die europäischen Regierungen sich dem Kurs der Vereinigten Staaten von Amerika angeschlossen haben, indem sie Milliarden in Waffenlieferungen investiert und Sanktionen gegen Russland verhängt haben. Allerdings haben sie nur geringen Einfluss auf die strategischen Entscheidungen. Während die USA über einen möglichen Frieden mit Russland verhandeln, bleiben europäische Stimmen ungehört. Europa durfte zwar mitmachen und den Krieg finanzieren, hat aber nichts zu sagen.
Europa steht am Scheideweg einer sich wandelnden Weltordnung. Der Ukraine-Krieg, die zunehmende Rivalität zwischen den USA und China sowie die strategische Neuausrichtung Russlands haben deutlich gemacht, dass die Europäische Union in der internationalen Politik keine eigenständige Rolle spielt. Während Washington seine Interessen verfolgt, verliert Europa zunehmend seine Stellung als geopolitischer Akteur – mit verheerenden wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Folgen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob Europa sich aus der Vasallenrolle der USA befreien und eine eigene Strategie entwickeln kann.
3. Die Doppelmoral Europas: Ukraine-Krieg vs. Nahostkonflikt
Die Haltung Europas zum Ukraine-Krieg unterscheidet sich signifikant von der Haltung zum Nahostkonflikt. Die Europäische Union verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zu Recht und versorgt die Ukraine mit Waffen, Finanzhilfen und diplomatischer Unterstützung. Im Gegensatz dazu ist das Engagement Europas im Nahostkonflikt selektiv und von einer unverständlichen Ignoranz des internationalen Völkerrechts geprägt. Die Haltung, die Kriegsführung und die Besatzungspolitik Israels gegenüber den Palästinensern ist völkerrechtswidrig und menschenrechtsverachtend, was wiederholt von der UN-Menschenrechtsorganisation sowie Amnesty International scharf kritisiert und verurteilt wurde.
Selbst die Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in den Haag erlässt Haftbefehle gegen israelische Premier Benjamin Netanyahu und Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dennoch ist die Haltung der Europäer von einem zweifachen Standard geprägt, der sich in der unerschütterlichen Unterstützung Israels und der kompromisslosen Haltung gegenüber Russland manifestiert. Während Russland für seinen Angriffskrieg sanktioniert wird, erhält Israel trotz seiner völkerrechtswidrigen Handlungen weiterhin finanzielle und militärische Unterstützung. Diese Doppelmoral schwächt die Glaubwürdigkeit Europas und untergräbt das Narrativ einer wertebasierten Außenpolitik.
4. Die USA als entscheidender Akteur: Von der Ukraine bis Iran
Die USA haben die Ukraine seit 2014 militärisch aufgerüstet und damit einen Konflikt mit Russland provoziert. Gleichzeitig haben sie sich mit Israel abgestimmt, um Irans geopolitische Macht zu begrenzen. Dabei wird deutlich, dass die Interessen Washingtons nicht immer mit den Interessen Europas übereinstimmen. Während Europa wirtschaftlich und energetisch unter den Sanktionen gegen Russland leidet, profitieren die USA von teurem LNG-Gas-Export und florierenden Waffenverkäufen.
5. Wirtschaftssanktionen gegen Iran: Europas selbstverschuldete Abhängigkeit
Analysen zeigen, dass die Bestrafung des Iran mittels Wirtschaftssanktionen durch die USA und die Unterstützung dieser Maßnahmen durch Europa, mit dem Ziel, den Iran zu einer Akzeptanz der hegemonialen und geopolitischen Interessen der USA und Israels im Nahen Osten zu bewegen, zu einer negativen Entwicklung für die Bevölkerung im Iran und zu kontraproduktiven Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft geführt hat.
Anstatt den Iran politisch und militärisch zu schwächen, haben die Sanktionen zu einer Intensivierung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen der Elite des Landes mit Russland und China und zu einer Verarmung der Bevölkerung geführt. Der Versuch, das Regime in Teheran durch wirtschaftlichen Druck zu isolieren, hat zu einer Stärkung der strategischen Partnerschaft mit Moskau und Peking geführt, was signifikante geopolitische Konsequenzen nach sich zieht. Diese Entwicklung hat nicht nur die Legitimität des Mullah-Regimes zumindest für dessen Anhänger untermauert, sondern auch die wirtschaftlichen Nachteile für europäische Unternehmen verstärkt, die auf dem iranischen Markt benachteiligt wurden.
6. NATO-Osterweiterung: Das gebrochene Versprechen an Russland
Nach dem Ende des Kalten Krieges gab es seitens der USA gegenüber Gorbatschow das Versprechen, eine Osterweiterung der NATO nach Osten nicht zu vollziehen. Dieses Versprechen wurde jedoch von der US-Rüstungsindustrie und geopolitischen Interessen untergraben. Die NATO-Osterweiterung sowie der Versuch, die Ukraine in den westlichen Einflussbereich zu bringen, führten unmittelbar zu einer Konfrontation mit Russland.
Bereits in den 1990er Jahren hatten Strategen wie Brzeziński und Friedman vor einer zu engen Anbindung der Ukraine an den Westen und einer damit einhergehenden Eskalation mit Russland gewarnt. Dennoch setzten die USA ihren Kurs fort, finanzierten den Maidan-Putsch 2014 und ignorierten russische Warnungen. Die Vorhersehbarkeit des Krieges wurde dabei außer Acht gelassen.
7. Wirtschaftssanktionen gegen Russland: Wer leidet wirklich?
Die Sanktionen sollten Russland wirtschaftlich in die Knie zwingen. Doch während der USA von steigenden Gas- und Waffenverkäufen profitieren, leidet vor allem Europa unter explodierenden Energiepreisen und einer drohenden Deindustrialisierung.
Die Abhängigkeit von russischer Energie wurde durch eine noch größere Abhängigkeit von teurem US-Fracking gas ersetzt.
8. Die USA und ihr Interesse an einer geschwächten EU
Die USA haben durch den Ukraine-Krieg ihre geostrategischen Ziele erreicht:
- Die wirtschaftliche Annäherung zwischen Deutschland und Russland wurde dauerhaft blockiert.
- Europa ist wirtschaftlich und militärisch noch abhängiger von Washington geworden.
- Die US-Rüstungsindustrie hat durch europäische Aufträge Milliardengewinne erzielt.
9. Trumps neue Strategie: Fokus auf China statt Ukraine
Donald Trump hat erkannt, dass die USA nicht gleichzeitig gegen Russland und China kämpfen können. Seine Strategie setzt darauf, den Ukraine-Krieg zu beenden und die Beziehungen zu Russland schrittweise zu normalisieren, um sich auf die Rivalität mit China zu konzentrieren. Dies könnte einen geopolitischen Paradigmenwechsel einleiten, bei dem Europa noch weiter an den Rand gedrängt wird.
10. Militarisierung und sicherheitspolitische Abhängigkeit Europas von den USA
Die zunehmende Militarisierung Europas und seine sicherheitspolitische Abhängigkeit von den USA gefährden das demokratische Erbe des Kontinents und unterminieren seine globale Handlungsfähigkeit. Während europäische Regierungen ihre Militärausgaben massiv erhöhen, bleibt die sicherheitspolitische Entscheidungsgewalt weitgehend in Washington. Diese Entwicklung führt dazu, dass Europa in Konflikte verwickelt wird, die nicht zwingend in seinem eigenen Interesse liegen, sondern vielmehr die geopolitischen Ziele der USA unterstützen.
Die Abhängigkeit von der US-amerikanischen Verteidigungspolitik verhindert, dass Europa eine unabhängige außen- und sicherheitspolitische Strategie verfolgt und damit seine eigene Souveränität aufs Spiel setzt.
11. Die Notwendigkeit einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur
Europa muss seine sicherheitspolitische Eigenständigkeit zurückgewinnen. Statt sich von den USA in endlose Konflikte verwickeln zu lassen, sollte es auf diplomatische Lösungen setzen. Eine eigenständige Sicherheitsarchitektur müsste folgende Elemente enthalten:
- Dialog mit Russland statt Konfrontation
- Unabhängigkeit von den USA in sicherheitspolitischen Fragen
- Fokus auf Diplomatie und Abrüstung
- Stärkung der eigenständigen militärischen, kulturellen und demokratischen Verteidigungskraft Europas – mit einer speziellen Rolle für neutrale Staaten
12. Die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung
Sowohl für die Ukraine als auch für Iran gibt es nur einen nachhaltigen Ausweg: diplomatische Verhandlungen und eine multipolare Weltordnung, in der regionale Akteure mitreden können. Europa sollte sich nicht weiter in Kriege verwickeln lassen, sondern auf eine Friedenspolitik setzen, die langfristige Stabilität ermöglicht. Es bleibt zu hoffen, dass das Leiden der ukrainischen und iranischen Bevölkerung bald ein Ende findet – nicht durch militärische Siege, sondern durch Verhandlungen und Verständigung.
13. Die Rückkehr zur Entspannungspolitik trotz neuer geopolitischer Realitäten
Die Entspannungspolitik der 1970er Jahre hat Europa jahrzehntelang den Frieden gesichert. Die EU sollte sich von der transatlantischen Abhängigkeit lösen und eine neue Friedensordnung schaffen, die auf gemeinsamen Sicherheitsinteressen basiert. Europa muss lernen, seine Sicherheitspolitik selbst in die Hand zu nehmen, denn im Atomzeitalter gibt es nur noch eine gemeinsame Sicherheit, gerade auch mit Russland als Atommacht.
Es besteht die Notwendigkeit für vertrauensbildende Maßnahmen, Waffenstillstand und Friedensverhandlungen, um die friedliche Koexistenz zu bewahren. Abrüstung und Rüstungskontrolle müssen wieder die Grundlage der europäischen Außenpolitik werden. Die Entspannungspolitik, die Europa jahrzehntelang den Frieden gesichert hat, muss wieder aufgenommen werden. Gorbatschows Vision vom gemeinsamen europäischen Haus ist unsere Zukunft. Gerade die aktuelle geopolitische Lage, die durch den russischen Angriff auf die Ukraine und die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran geprägt ist, verdeutlicht die Notwendigkeit einer Neuorientierung der europäischen Außenpolitik.
Die militärische und außenpolitische Abhängigkeit von den USA muss überwunden werden, wenn Europa und insbesondere die Europäische Union eine eigenständige Zukunft haben soll. Die aktuelle Situation erfordert eine Rückkehr zu einer Entspannungspolitik, die auf Diplomatie statt auf Konfrontation setzt. Diese Entwicklung ist von entscheidender Bedeutung für alle beteiligten Nationen, einschließlich der Ukraine und des Iran.